Diese Lektüre bietet Kindern der 3. und 4. Jahrgangsstufe einen zweifachen Zugang zu einem allgegenwärtigen Thema: Die Rahmenhandlung spielt in einer Grundschulklasse und berichtet von der gelungenen Integration eines syrischen Mädchens, aber auch von Schwierigkeiten und Vorbehalten. Dagegen schildert die Binnenerzählung die Ursachen, Hintergründe und Stationen der Flucht nach Deutschland; auch grausame und bedrohliche Einzelheiten werden nicht verschwiegen, doch in einer Weise vorgetragen, die Kinder in diesem Alter nicht überfordert.
Ursel Scheffler war es aufgrund eigener Kindheitserfahrungen gegen Ende des 2. Weltkrieges ein tiefes Bedürfnis, sich aktiv an der Unterstützung von Flüchtlingen zu beteiligen. Gemeinsam mit Jutta Timm, der Illustratorin dieses Buches, besuchte sie nahezu täglich ein Flüchtlingscamp in Hamburg und zahlreiche Schulklassen, um Migrantenkindern ein Gefühl des Willkommenseins zu vermitteln und sie beim Erlernen einer zweiten Sprache motivierend zu unterstützen. Das Buch „Zafira – Ein Mädchen aus Syrien“ verarbeitet die zahlreichen Eindrücke und Berichte aus diesen Begegnungen.
Weitere Anregungen zur Lektüre und authentische Erfahrungsberichte von Flüchtlingskindern finden Sie auf der Seite des
Borromäusvereins.
Das
Musical zur Lektüre mit Songs von Doris Mallasch erhalten Sie beim Fidula Verlag.
Fragen zum Buch an die Autorin Ursel Scheffler:
Was war Ihre persönliche Motivation, eine Geschichte über ein syrisches Flüchtlingskind zu schreiben?
Aktuell motiviert hat mich vor allem das Schicksal der Migrantenkinder, die ich seit Jahren bei Lesungen in Schulklassen treffe. Nicht immer ist die Akzeptanz und Toleranz durch die Mitschüler so, wie man sich das wünscht. Da muss möglichst früh viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.
Was ist an der Geschichte authentisch, was ist fiktiv?
Die Geschichte ist ein Mosaik aus beidem, Fiktion und Wirklichkeit. Die Authentizität verschafften mir Besuche in Flüchtlingscamps und Gespräche mit den Eltern und Kindern. Sie erzählten mir von den Wegen und Mühen der Flucht, von Eingliederungsschwierigkeiten, Sprachproblemen, Verlustängsten, Traumata … Es sind auch autobiografische Elemente enthalten. Ich habe als Kind selbst Krieg erlebt. Das geschilderte Bombenloch befand sich in meinem Kinderzimmer. Ich bin selbst mit meiner Mutter in den Bunker gerannt und durch Trümmerfelder im zerstörten Nürnberg gelaufen. Das Gefühl, dass Frieden das Wichtigste auf der Welt ist, habe ich aus meiner Kindheit mitgenommen.
Können Kinder im Grundschulalter die Hintergründe eines solchen Flüchtlingsdramas schon verstehen? Ist das nicht eine Überforderung?
Es ist dringend nötig, dass man mit Kindern über das leider omnipräsente Thema spricht. Allerdings auf Augenhöhe und in einer Weise, die ihnen zuzumuten ist. Ich hoffe, das ist mir in dieser Geschichte gelungen. In der Schilderung bleibt viel Raum für Fantasie. So beschreibe ich etwa nicht den Kampf ums Überleben an der Mittelmeerküste, das überlasse ich den Medien. Ich deute es nur an. Im Klassenraum kann dann entschieden werden, welche Themen man aus aktuellem Anlass vertieft.
Sie sind zurzeit fast täglich in einem Hamburger Flüchtlingscamp und versuchen, Kindern Aufmerksamkeit zu schenken und Abwechslung zu bieten. Welche Erfahrungen machen Sie dort?
Ich merke, dass die Kräfte der Helfer begrenzt sind. Aber wenn jeder nur ein kleines bisschen dazu beiträgt, den neuen Mitbürgern aufgeschlossen und hilfsbereit zu begegnen, erleichtert das die Integration ungemein. Ich mag die Gespräche mit den Kindern aus anderen Ländern, die nach einer Weile genauso gern lachen, Sticker tauschen, am Computer daddeln und Quatsch machen wie Kinder, die hier aufgewachsen sind. Besonders wichtig ist die Sprachförderung, damit sie ihre Gefühle auch ihren Mitschülern gegenüber ausdrücken können. Zum Glück lernen Kinder beneidenswert schnell eine zweite Muttersprache.